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Wir haben heute drei Themenblöcke. Zum einen die Landtagswahl, zum anderen (unser Hauptthema) die Parteienlandschaft im ländlichen Raum. Und auch, wenn die Koalitionsbildung mittlerweile ein halbes Jahr her ist, würden wir das gerne ansprechen. Nach der Koalitionsbildung gab es medial vor allem seitens der Freiheitlichen Partei die Kritik, dass der Wählerwille nicht erfüllt wurde. Inwiefern wurde dieser denn nicht erfüllt und wie definiert man den Wählerwillen?

Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, denn die Wahrheit liegt letztendlich oft im Auge des Betrachters. Auch der eigene Standpunkt ist sehr prägend. Ganz trocken könnte man es folgendermaßen sehen: Wir haben eine Demokratie und in einer solchen geht es um Mehrheiten. Wenn die Regierung eine entsprechende Unterstützung in Form einer Mehrheit im Parlament hat, kann man davon ausgehen, dass eine stabile Regierung vorliegt. Damit ist man auch dem Wählerwillen gerecht. Mehrheiten sind Mehrheiten, so funktionieren Demokratien. Schaut man etwas tiefer, kann man das spezielle Wahlergebnis betrachten. Welche Dynamiken haben sich in der Wahl ergeben? Das heißt, wie stark haben Parteien gewonnen bzw. verloren. Ist das ein Indiz für den Wählerwillen? Verluste gehören auch interpretiert; wo kommen die her, welche Gründe gibt es? Wir öffnen da ein sehr komplexes Fass. Bei den vergangenen Landtagswahlen in Salzburg gab es einiges an Dynamik, zunächst einmal die ÖVP erwartungsgemäß als klarer Wahlsieger. Interessant ist, wenn man in die Zeit vor dem Finanzskandal zurückblickt, dann hatte die ÖVP Platz zwei hinter der dominierenden SPÖ. Allerdings, in absoluten Stimmen, hatte die ÖVP sogar mehr als jetzt als Wahlsieger. Die gesamtgesellschaftliche Verankerung hat noch nicht das Ausmaß von damals erreicht. Natürlich spielt auch die gesunkene Wahlbeteiligung eine Rolle, doch das ist ein eigenes Thema. Gehen wir weiter zur SPÖ. Bei der SPÖ hat mich überrascht, dass es noch Luft nach unten gibt. Ich dachte nicht, dass es möglich ist, da sie bei der vorigen Landtagswahl schon sehr viele eigene Wähler in das Segment der Nicht-Wähler verloren hat.

In diesem Zusammenhang: Die ÖVP konnte 88% der eigenen Wähler mobilisieren, bei der SPÖ waren es nur 60%, bei den GRÜNEN nur ein Drittel. Wie kann man die Differenz erklären?

Die Mobilisierungkraft der einzelnen Parteien für die eigene Wählerschaft hat mit Kernwählerschaft nichts zu tun, vor allem bei den GRÜNEN. Bei denen war das Ergebnis von 2013 völlig überhitzt. Ein Ausfluss der spezifischen Konstellation quasi, im Schatten des Finanzskandals, wo sehr viele aus Unzufriedenheit mit SPÖ und ÖVP zu den GRÜNEN gegangen sind. Die GRÜNEN profitierten davon stark, auch durch Astrid Rösslers Rolle im Untersuchungsausschuss. Man muss aber auch sehen, dass das Plus überwiegend im urbanen Raum generiert werden konnte. Das heißt, die GRÜNEN sind primär eine urbane Partei, ähnlich wie die NEOS.

Kann man sagen, dass die SPÖ es trotz des schlechten Wahlausganges der GRÜNEN nicht schaffte, Wähler zurückzugewinnen?

Das wäre eine Chance gewesen. Schauen wir uns das Wahlergebnis von 2013 an und woher die GRÜNEN-Wähler kommen. Es gibt interessanterweise nahezu keine Wählerbewegung zwischen SPÖ und den GRÜNEN. Die Wähler kommen woanders her. Sie kamen von der ÖVP und aus dem Nicht-Wähler-Segment. Man geht vielleicht oberflächlich davon aus, dass es einen Wähleraustausch zwischen SPÖ und GRÜNEN geben sollte, das war aber bei dieser Wahl nicht der Fall. Wenn man sich mit diesem Hintergrund die Wahl 2018 ansieht, dann wies eigentlich schon viel darauf hin, wo sich die GRÜNEN-Wähler hinbewegen werden: entweder zurück zur ÖVP oder zu den NEOS, weniger zur SPÖ. Das heißt, die SPÖ hat relativ wenig Wähler an die GRÜNEN verloren, aber vor allen Dingen an die ÖVP und im urbanen Raum in Richtung NEOS. Das ist vielleicht ein bisschen ein Unterschied zur nationalen Ebene, wo die neue (noch) junge ÖVP unter Sebastian Kurz es geschafft hat, in den urbanen Raum tief einzudringen. In Ansätzen ist das auch der Landes-ÖVP in Salzburg gelungen. Aber nicht in diesem Ausmaß und davon konnten die NEOS profitieren.

Ist der Begriff des Wählerwillens problematisch? Vor allem im Hinblick auf den Volkswillen? Der Wählerwille wird ja von populistischen Parteien manchmal plakatiert und auch als Volkswille dargestellt; in der Hinsicht, dass gesagt wird, man vertritt den Volkswillen.

Das ist zunächst nur Argumentation. Ob es jetzt tatsächlich so ist, sei dahingestellt. Wenn man versucht, eine populistische Partei zu identifizieren, ist das immer ein wesentlicher Indikator. Aber als Politikwissenschaftler möchte ich das von einer anderen Seite aus betrachten. Es stellt sich die Frage, wie repräsentativ sind eigentlich Wahlen? Dazu muss schon auch die Wahlbeteiligung, die Entwicklung dieser und vor allen Dingen auch die Wahlenthaltung berücksichtigt werden. Es muss analysiert werden, wie sich die, die nicht wählen, zusammensetzen. Demokratietheoretisch problematisch ist es dann, wenn sich bestimmten Gruppen aus der Gesellschaft nahezu systematisch der Wahl enthalten. Sprich, über die Wahl gar nicht mehr abgebildet sind. Das ist der eigentlich problematische Zugang; weniger die Parteienkonstellation in einer Koalition, sondern die Repräsentation der Gesellschaft im Wahlausgang. Dazu gibt es eine neue Forschung, die in eine ziemlich deutliche Richtung weißt: Sozioökonomische benachteiligte Gruppen enthalten sich systematisch der Wahl. Das geht aber noch weiter. Weniger die klassischen harten Faktoren wie Einkommen und Bildung, sondern mehr das Bauchgefühl ist entscheidend. Glauben die Wählerinnen und Wähler, dass sie irgendwie sozioökonomisch benachteiligt sind? Es gibt noch einen zweiten Strang. Hier geht es um die Einschätzung der Situation in der Gesellschaft. Wie wird die Gesellschaft beurteilt? Wird die als gerecht in punkto Verteilung beurteilt oder eher als ungerecht? Der entscheidende Punkt ist viel mehr die Wechselwirkung zwischen der Beurteilung der eigenen Situation und der Beurteilung der gesellschaftlichen Situation. Das ist der springende Punkt. In der Wissenschaft nennt man dies den Effekt der relativen Deprivation. Fühle ich mich mit meinem eigenen Status im Verhältnis zur gesellschaftlichen Ausprägung benachteiligt, kommt es darauf an, ob die Gesellschaft gerecht ist oder nicht. Bin ich sozioökonomisch benachteiligt und ich sehe einen Missstand in der Gesellschaft in punkto Ressourcenverteilung, dann gehe ich wählen. Denn ich will etwas verändern. Das war die Konstellation bei der Nationalratswahl 2017. Change, Wechselstimmung. Mit meiner Wahl kann ich etwas bewirken. Wenn allerdings die Gesellschaft grundsätzlich als okay in punkto Verteilung eingeschätzt wird, ich aber einen benachteiligten Status habe, dann führt das eher zu Apathie. Warum? Es ist nicht zu erwarten, dass sich etwas ändert. Die Verhältnisse scheinen zementiert, deshalb bleibe ich der Wahl fern. Beispielsweise bei der Bundestagswahl 2017 in Deutschland. Es gab keine Wechselstimmung. Keine Chance darauf, dass sich die Verhältnisse durch eine Wahlteilnahme verändern lassen. Das erscheint mir viel wichtiger als etwa Regierungskonstellationen.

Könnte man damit auch den sprunghaften Sieg der ÖVP erklären, diese Change-Stimmung? Denn darauf hat die Kampagne aufgebaut.

Ja, so war es bei der Nationalratswahl 2017, damit wurde auch gespielt. Taktisch sehr klug. Das Programm war genau darauf abgestimmt, um Wählergruppen zu motivieren, die sonst eher nicht zur Wahl gehen. Bei der Landtagswahl in Salzburg war es ganz anders. Lassen wir es so, wie es ist, denn so ist es gut. Nur nichts verändern. Die ÖVP hat genau diese Taktik gespielt und damit natürlich ins „Schwarze“ getroffen.

Blickt man auf die ländlichen Regionen, sieht man den Vorteil eher bei den konservativen Parteien. Man hat gesehen, dass die ÖVP Zugewinne hat und die FPÖ nur leichte. Wie lassen sich da die Unterschiede erklären?

Da muss man ein bisschen zurückschauen. Die FPÖ hat historisch betrachtet ihre Zugewinne vor allem im ländlichen Raum bekommen. Auch bei den Landtagswahlen. Das Wählerpotential für die FPÖ am Land ist natürlich nicht unbegrenzt. Irgendwo stößt man dann auf eine Grenze. Interessanterweise gab es das Plus der FPÖ bei der vergangenen Landtagswahl eher im Flachgau und Tennengau. Das ist eine ganz spannende Entwicklung. Die ÖVP ist am Land traditionell gut verankert, das ist die Stärke der ÖVP. Da braucht man sich nur die Verteilung der Bürgermeister in Salzburg ansehen. Allerdings glaube ich, dass das Wahlergebnis 2018 über eine generelle Schwäche der konservativen Parteien hinwegtäuscht, und zwar bei den Jungen. Die Jungen wählen eher seltener die ÖVP und tendieren zu Mitte-Links, tendieren zu gesellschaftspolitisch liberalen Parteien; im urbanen Raum die NEOS, GRÜNE, SPÖ. Übrigens ist die SPÖ in Salzburg am Land gar nicht so schlecht aufgestellt, wie man oft meinen könnte. In Zukunft wird es für die ÖVP wichtig, die noch bestehende Dominanz abzusichern und zwar durch gezieltes, strategisches Agieren und Aufnehmen der gesellschaftlichen Veränderungen auch am Land. Ich denke, dass das ein ganz entscheidender Punkt ist. Die ÖVP sollte sich gesellschaftspolitisch in eine liberalere Richtung bewegen. Man sollte so etwas vorschlagen wie einen moderneren ruralen Konservatismus und in diese Richtung arbeiten. Man muss schauen, ob die Basisideologie, das Fundament, der ÖVP noch mit der jüngeren Bevölkerung am Land kompatibel ist.

Wenn man auf die kleineren Parteien am Land schaut, beispielsweise die NEOS, sieht man, dass sich diese am Land eher schwertut. Das gilt sogar für die GRÜNEN, eine Umweltpartei. Wieso tun sich diese am Land so schwer?

Das ist eine gute Frage. Am Land werden die GRÜNEN nach wie vor als Gefahr wahrgenommen. Vielleicht sind es Vorurteile, es gibt jedenfalls Vorbehalte. Wenn die GRÜNEN am Land irgendwo stark sind, dann in den Zentren, aber nicht in der Peripherie. Die GRÜNEN schaffen es nicht, den Schritt auf das Land zu machen. Sie bewegen sich zu wenig am Land. Die von ihnen aufgeworfenen Themen sind eher nicht geeignet für eine gute Verankerung in der ländlichen Bevölkerung. Vielleicht geht es aber auch um eine Strategie, das besser zu kommunizieren. Vielleicht ist nur die Kommunikation das Problem. Vielleicht sind es aber auch die Inhalte.

Betrachtet man die Landtagswahlen, dann haben die GRÜNEN neben ihrem Hauptthema „Umwelt und Natur“ auch versucht, gesellschaftspolitisch traditionelle Töne anzuschlagen. Das ist aber weniger gut angekommen, weil es weniger glaubhaft ist. Oder wurde das schlecht kommuniziert?

Genau. Das ist nicht authentisch und kommt überhaupt nicht rüber. Astrid Rössler auf dem Traktor, das kam nicht an.

Wenn man den Blick auf die NEOS wirft, wo haben die ihre Probleme? Ist es vor allem die Parteistruktur, die ihnen fehlt? Oder sind ihre Themen zu städtisch, zu urban?

So wohl, als auch. Das sind zwei Argumente, die ich nur unterstützen kann. Natürlich tun sich jüngere, kleinere Parteien von den Strukturen her schwerer. Auch im Hinblick auf das Rekrutierungspotential. Vor allen Dingen auch deswegen, weil die NEOS ihre Nähe zur ÖVP nicht verheimlichen können. Jeder, der bei den NEOS ist, war schon irgendwo; meistens irgendwo bei der ÖVP. Wo bekomme ich denn qualifiziertes Personal her? Politisch Interessierte mit schon ein wenig Erfahrung und so. Wechsel von einer Partei zur anderen sind eher ungut. Inhaltlich muss man schon auch sagen, dass das Programm der NEOS ganz klar gesellschaftlich-liberal und abgestimmt auf die junge urbane Bevölkerung ist.

Wie sieht das dann bei den semi-urbanen Räumen wie etwa Seekirchen aus? Hätten da die NEOS als Partei Potential?

Selbstverständlich.

Man hat dann zwei bürgerliche Parteien, ÖVP und die NEOS. Es ist natürlich schwer, das in Zahlen zu messen, aber wie hoch wäre das auszuschöpfende Potential?

Das traue ich mir nicht zu beurteilen. Der Parteigründer Matthias Strolz sprach damals von 20%, das wäre das Potential der NEOS. Die Prägekraft der klassischen Volksparteien geht zwar ständig zurück, doch in welchem Ausmaß das andere Gruppierungen aufnehmen können, ist schwierig zu beantworten.

In Deutschland hat die FDP als liberale Partei eine lange liberale Tradition. In Österreich fehlt diese liberale Tradition. De Facto versucht die ÖVP dies in wirtschaftspolitischen Belangen abzudecken und die SPÖ in gesellschaftspolitischen Belangen. Das liberale Potential in Österreich ist eine eigene Forschungsarbeit, hat eine eigene Historie. Wir wissen ja, dass der liberale Block in der Phase der Parteigründungen Ende des 19. Jahrhunderts ein ziemlich starker war. Zum Teil dominierte dieser sogar und war in den Reichsräten sehr stark vertreten. Dann die Umwälzungen und Turbulenzen in der Ersten Republik, schließlich Austro-Faschismus, Zeit des Nationalsozialismus, Zweite Republik; das sogenannte dritte Lager ist hier spezifisch zu beurteilen. Traditionell muss man auch sagen, dass im Bereich der FPÖ, die ja irgendwie dieses dritte Lager abdecken sollte, es immer so etwas wie einen liberalen Flügel gab. Ein Flügel von Honoratioren; das war schon so. Allerdings seit Mitte der 80er/90er-Jahre hat sich das irgendwie völlig aufgelöst.

Schaut man sich die Landtagswahlen – nicht nur in Salzburg – an, hat man das Gefühl, dass der Fokus auf der Landeshauptstadt liegt. Man will diese erobern, weil es auch einfach einen Symbolcharakter hat, und eben einige urbane Zentren. In Salzburg ganz konkret Hallein, oder Seekirchen, Oberndorf. Wird der ländliche Raum von der Parteienlandschaft vernachlässigt?

Ich komme ja aus dem ländlichen Raum, selbstverständlich wird er vernachlässigt. Aber versuchen wir einen objektiven Blick darauf zu werfen. Schaut man sich die Wählerstimmen beispielsweise der ÖVP im ganzen Land Salzburg an, kann man das jetzt so oder so betrachten. Je nachdem, welche Bezirke man zusammenrechnet. Rechnen wir einmal Pinzgau und Pongau zusammen oder rechnen wir gleich das Innergebirge mit Lungau komplett zusammen. Da kommt eine sehr hohe Zahl heraus. Wenn wir Tennengau und Flachgau zusammenrechnen und die Stadt Salzburg komplett weglassen, dann sind wir nahezu ebenbürtig im Hinblick auf das Stimmenpotential für die ÖVP. Insofern müsste es eigentlich für alle Bezirke und Räume im Bundesland Salzburg eine Chancengleichheit geben, denn es ist alles gleichmäßig verteilt. Die Landeshauptstadt ist ja nicht die Landeshauptstadt isoliert als solche, sondern es ist die Landeshauptstadt aller Salzburger und Salzburgerinnen. So auch beispielsweise der Pinzgauer, der Lungauer und nicht nur der Stadt-Salzburger. Das heißt, wenn man das so betrachtet, ist es entscheidend, die Stadt Salzburg und das darum herumliegende Gefüge speziell zu betrachten. Traditionell gibt es in Salzburg eine sehr beharrliche Zweiteilung in den großen Salzburger Zentralraum, das sogenannte Außergebirge und in den ländlichen Raum, das sogenannte Innergebirge. Das ist auch historisch begründet, aber die Zweiteilung ist enorm; findet vor allen Dingen im Kopf statt. Markiert ist sie durch die Grenze des Pass Lueg. Durch dieses Bergmassiv muss man quasi durchfahren. Dann kommt man auf der anderen Seite heraus und ist plötzlich im Gebirge, in einer anderen Welt. Wobei das von der Distanz marginal ist. Der Unterschied findet tatsächlich einfach nur in den Köpfen statt. Aber es gibt schon auch enorme strukturelle Unterschiede. Die Frage ist, ob dies auch gleich mit einer Benachteiligung gleichzusetzen ist. Denn unterschiedliche Räume haben auch eine unterschiedliche Ausgangssituation und unterschiedliche Funktionen. Das heißt, man tut sich rein methodisch und wissenschaftlich extrem schwer, die Region im Innergebirge mit beispielsweise strukturellen Ausprägungen in der Stadt Salzburg oder im Speckgürtel gegenüberzustellen. Um es mit den Worten des ehemaligen Ministers Andrä Rupprechter zu sagen, es geht um Chancengerechtigkeit der Regionen und letztlich auch um Entwicklungsperspektiven. Chancen und Lasten externer sozioökonomischer Entwicklungen sollten halbwegs gleichmäßig verteilt sein. Ich spreche hier vom demographischen Wandel, von Tertiärisierungseffekten oder auch Digitalisierungseffekten. Das kann man eigentlich relativ gut messen und das könnten gute Ansatzpunkte für eine Politik des Ausgleichs zwischen den Regionen sein.

In Bayern hatten wir eine Wahl, bei der die CSU viel verloren hat. Im Kontrast, wenn man nach Salzburg schaut, hat man den großen Sieg der ÖVP, obwohl man das natürlich ein wenig dämpfen muss. Wie kann man die beiden Parteien in dem Sinn vergleichen, was falsch und was richtig läuft?

Das ist jetzt quasi der Stein der Weisen, oder? Naja, die Ausgangsituation in Bayern und in Salzburg war völlig unterschiedlich. Wir können da überhaupt nichts gegenüberstellen. Es ist schwierig, Schlüsse zu ziehen, im Hinblick auf den Status der jeweiligen Partei. In Salzburg ist die ÖVP sehr gut verankert, hat ihre Bedeutung nach dem Höhenflug der Sozialdemokratie wiedererlangt. Für die Wahlen wurde alles richtiggemacht, die Strategie war gut. Wobei man sich fragt, wo war eigentlich die Opposition? Die ÖVP ist auf einer Wolke dahingeschwebt. Es gab so etwas wie einen Fairnesspakt zwischen den Parteien in puncto Wahlkampf, aber man hatte manchmal das Gefühl, das ist eher ein Nicht-Angriffspakt gegenüber Landeshauptmann Wilfried Haslauer und gegenüber seiner politischen Heimat, seiner Partei. Niemand wollte tatsächlich kritisch, angriffig agieren. Bei der CSU stellt sich mir die Frage, ob wir nicht in der Richtung der Normalisierung von Verhältnissen sind, die es anderswo schon länger gibt. Die CSU hat im Land ja ungewöhnlich stark dominiert. Es wurde viel über gesellschaftliche Veränderungen und deren Bedeutung für Parteien diskutiert. Der Rückgang bei den Wählerstimmen für die CSU ist jetzt nicht so überraschend. In Bayern war es so, dass diese Änderungen vor allen Dingen in den urbanen Räumen stattgefunden haben. Die GRÜNEN konnten davon massiv profitieren. Welche bundespolitischen Einflüsse hier natürlich auch eine Rolle spielten, macht das Thema extrem komplex. Die Zeit der Dominanz der großen Volksparteien ist aus meiner Sicht heute noch und morgen unrealistisch. Auch die Annahme, dass man so etwas halten kann.

durchgeführt von: Konstantin Ghazaryan und Alexander Speierle-Vidali

Wir bedanken uns bei Armin Mühlböck für das Gespräch.

Alexander Speierle-Vidali
Als Political Science MA-Student mit praktischer Political Campaigning Erfahrung spezialisiert sich Alexander auf die Analyse von österreichischer & internationaler Politik sowie Wahlstrategien. Außerdem wirkt er federführend an den Gesprächen mit.

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