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Du bist nun seit ca. einem Jahr im Amt. Was sind bisher die größten Herausforderungen im Verkehr, was ist schon umsetzbar gewesen und was ist noch in Planung?

Viele Projekte. Verkehr ist mit Sicherheit eines der schwierigsten Ressorts. Was wir bis dato schon auf Schiene gebracht haben, ist die Tarifreform. Da startet jetzt der Vorverkauf im Herbst und die Tickets werden mit dem nächsten Jahr teilweise um zwei Drittel günstiger. Die Studententickets haben wir vergünstigt. Das ist einerseits der Tarifbereich und andererseits die Infrastruktur von verschiedenen Buslinien, Busspuren bis hin zu Schienen. Wir verlängern ja gerade die Salzburger Lokalbahn – ein großes Infrastrukturprojekt für uns. Das sind die Schwerpunkte im Öffentlichen Verkehr und ein weiterer großer Schwerpunkt ist – etwas abstrakt formuliert – die Rückgewinnung der Hoheit über unsere Straßen, denn durch neue Navigationssysteme entstehen in vielen Gemeinden Ausweichverkehre, wo wir diese nicht haben wollen. Der Verkehr ist zunehmend dort, wo er nicht hingehört, nämlich nicht auf der Autobahn, sondern auf den Gemeinde- und Landesstraßen. Deswegen müssen wir nun Maßnahmen setzen, damit der Verkehr wieder dorthin kommt, wo er hingehört. Das ist uns jetzt im Sommer einigermaßen durch unsere Abfahrtssperren gelungen. Für uns natürlich eine Pionierarbeit, denn wir waren die ersten, die überhaupt diese Sperren zum Einsatz gebracht haben. Ich denke, es hat in vielen Gemeinden gut gewirkt, in einigen weniger – da müssen wir noch nachbessern und verschärft kontrollieren. Es war absehbar, dass es anfangs nicht zu 100 Prozent reibungslos funktioniert, aber da dürfen wir uns nicht entmutigen lassen. Da braucht es mutige Entscheidungen im Verkehrsbereich, weil die Herausforderungen vor dem Hintergrund der Klimakrise natürlich extrem groß sind. Wir müssen im Verkehrsbereich liefern. Mein Ziel ist, dass wir als Salzburg das erste Bundesland sind, dass zumindest den Öffentlichen Verkehr zur Gänze dekarbonisiert. In Salzburg waren wir mit unserem Oberleitungssystem immer schon Vorreiter, während in anderen Landeshauptstädten noch die Dieselbusse durch die Gegend gefahren sind. Und nun müssen wir mit den neuen Technologien Wasserstoff und Elektro schauen, dass wir die Regionalbusse und die Schienen weitgehend dekarbonisieren. Wir haben jetzt mit der ÖBB gemeinsam den Batteriezug zum Einsatz gebracht, in Tirol wird gerade ein Wasserstoffzug getestet – ich glaube, wir müssen uns diese neuen Technologien genauer anschauen, um noch weiter zu dekarbonisieren.

Du hast ja bereits einige Maßnahmen angesprochen. Was in Salzburg immer schon ein Problem war, ist die Stausituation. Salzburg gilt ja als Stauhauptstadt. Glaubst du, dass die Maßnahmen, die ergriffen wurden, hier greifen bzw. gibt es in diesem Kontext weitere Maßnahmen, um die Situation weiter zu entlasten? 

Wir werden laufend Projekte setzen müssen, weil alles, was wir jetzt in den Öffentlichen Verkehr investieren, erleben wir jetzt fast im gleichen Ausmaß kompensiert durch den zunehmenden Individualverkehr. Insofern muss man laufend daran arbeiten, dass die Menschen, soweit es geht, auf den Öffentlichen Verkehr umsteigen. Es funktioniert natürlich nicht überall, da viele Menschen aufs Auto angewiesen sind. Vor allem im städtischen Bereich müssen wir das Angebot aber noch wesentlich attraktiver machen. Da spielt mit Sicherheit die Schieneninfrastruktur eine große Rolle, aber natürlich auch ein zielgerichteter Öffentlicher Fußverkehr. Ich glaube, dass wir da noch nicht so stark auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen, wenn wir uns anschauen, wie oft manche umsteigen müssen. Wir müssen direktere Linien führen, umsteigefrei und schneller – nur dann ist der Öffentliche Verkehr attraktiv. Wenn man aber drei Mal umsteigen muss und doppelt solange Fahrzeit hat wie mit dem Auto, dann wird auch keiner mit dem Öffentlichen Verkehr unterwegs sein. Das alles ist notwendig, denn wir haben die schwierigsten Voraussetzungen, die man in einem urbanen Gebiet haben kann. Denn wir haben unheimlich viel touristischen Verkehr, wir haben im Stadtzentrum vier Stadtberge, schwierigste Topografie und können nicht immer durchfahren, sondern müssen links und rechts im Kreis fahren, damit wir zu unserem Ziel kommen. Wir haben übrigens doppelt so viele Ein- und Auspendler wie Wien und sind ein Riesen Einzugsgebiet – mit dem Einzugsgebiet sind wir fast schon eine Großstadt. Das alles wird im Gegensatz zu anderen Landeshauptstädten durch den touristischen Verkehr zusätzlich angereichert.

Es gibt in Salzburg ja schon länger dieses Ärgernis über den Sommerfahrplan. Wie siehst du das?

Das sehe ich auch so und wir arbeiten daran, diesen nach und nach zu verbessern. Er ist im Vergleich zum letzten Jahr verbessert worden. Wir erwarten uns natürlich auch von der Salzburg AG, dass man da den regulären Fahrplan beibehält. Denn wir wollen ja nicht vor allem im Sommer, wo wir so viel Verkehr haben, das Öffentliche Verkehrsangebot reduzieren. Genau da bedarf es das regulären Niveau, wenn nicht sogar ein höheres. Wenn ich mir hierbei etwa die Linie nach Fuschl anschaue – die müsste attraktiver werden. Diese Linie wird ja vor allem im Sommer genutzt, im Winter weniger.

Im Kontext des Individualverkehrs gibt es ja von einigen Parteien auch die Forderung, dass man diesen durch unterschiedliche Maßnahmen einschränkt. Glaubst du, dass es in diesem Bezug realitätsnah ist, etwa durch Steuern den Individualverkehr am Land einzuschränken? Denn wir haben ja, wie du bereits angesprochen hast, doch sehr viele Pendler, die auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind. 

Mein Weg ist es nicht. Ich glaube, dass wir kreativer sein müssen und es andere Möglichkeiten gibt, den Öffentlichen Verkehr auszubauen – etwa mit einer Infrastrukturmilliarde, die jetzt in der kommenden Legislaturperiode der Bundesregierung anstehen wird. Das ist eher mein Weg, anstatt die Autofahrer, die das Auto brauchen, noch weiter zu bestrafen, denn es ist per se schon kostenintensiver, täglich eine lange Strecke mit dem Auto auf sich zu nehmen, anstatt mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Diesen Luxus haben nicht viele. Deswegen sehe ich weiterhin nicht ein, diese Personen zu bestrafen – was nicht heißt, dass wir für diese Menschen den Verkehr nicht ausbauen sollten. Das ist für mich überhaupt kein Widerspruch.

Wir haben die Situation mit den Sperren, die auf den Autobahnen neulich eingerichtet worden sind, bereits angesprochen. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Deutschland?

Die Zusammenarbeit funktioniert grundsätzlich gut, aber für die Grenzkontrollen haben wir an und für sich kein Verständnis. Die deutsche Seite weiß vermutlich nicht, was sie mit den Kontrollen bei uns und auf bayerischer Seite teilweise auslösen und deswegen haben wir auch gebeten, diese Kontrollen so schnell wie möglich zu beenden bzw. von den statischen Kontrollen auf Schleierfahndung umzustellen, sodass eine schnellere Abfertigung möglich ist.  Solange das nicht passiert, werden wir auch unsere Maßnahmen einsetzen – das heißt, Abfahrtssperren oder den Verkehr über bayerisches Gebiet umleiten, denn wir sollten hier als Salzburger nicht die einzigen sein, die die Last tragen müssen.

Was die Infrastruktur von Elektrofahrzeugen betrifft: Das ist ein Thema, dass von den Parteien oft angesprochen wird. Wir müssen die Elektrofahrzeuge fördern. In diesem Bezug fehlt es ja oft an Infrastruktur – etwa an Ladestationen. Gibt es hier Maßnahmen diese auszubauen?

Ja, ich eröffne relativ oft jetzt Elektrotankstellen. Die Infrastruktur ist zwar noch nicht da, wo wir sie gerne hätten, wird aber jede Woche besser. Eine große Baustelle ist bei uns eher der Bereich Wasserstoff – wir haben nämlich keine einzige Wasserstofftankstelle in unserem Bundesland. Ich denke, dass beide Technologien am Ende zum Einsatz kommen werden – die elektrobetriebene Batterie bei kleineren Einheiten (etwa Motoroller) und bei größeren Fahrzeugen eher Wasserstoff. Bezogen auf die Infrastruktur muss Salzburg natürlich für beides gerüstet sein.

Wie stehst du bezogen auf die Stadtpolitik zum Thema Ausbau der Mönchsberggarage?

Ich denke, es ist sinnvoll, die wenigen Flächen, die wir in der Stadt haben, so gut es geht vom Verkehr – fließendem aber auch Parkverkehr, zu befreien. Da ist es mir natürlich zehn Mal lieber, wenn die Autos in der Mönchsberggarage und stattdessen nicht irgendwo in der Stadt stehen. Das muss natürlich gewährleistet werden – es kann nicht sein, dass die Mönchsberggarage ausgebaut wird und alle trotzdem noch im Stadtgebiet parken.  Wir müssen in diesem Kontext schon daran arbeiten, den Individualverkehr in der Stadt zu reduzieren.

Eine bundesbezogene Frage zur CO2-Steuer: Wäre so eine Steuer realistisch und wenn, wie sollte man sie umsetzen? 

Es ist eine Frage des politischen Willens. Ich sehe den politischen Willen – bis auf wenige Ausnahmen – nicht gegeben und ich persönlich halte es auch nicht für sinnvoll. Wir müssen uns andere Maßnahmen als die Belastung von Menschen, die in unserem Land eh schon relativ hoch ist, einfallen lassen. Wenn das Ziel dieser Maßnahme sein soll, den Individualverkehr zurückzudrängen, dann wäre es viel sinnvoller den Öffentlichen Verkehr auszubauen. Wie eingangs bereits erwähnt, muss eine Infrastrukturmilliarde kommen und der Bund muss somit die Landeshauptstädte unterstützen, die Infrastruktur dort, wo es notwendig ist, weiter auszubauen. Die Menschen fahren ja nicht mit dem Auto, weil sie so unheimlich gern mit dem Auto fahren, sondern sie fahren, weil sie fahren müssen. Das heißt aber auch, dass die Betroffenen auch fahren würden, wenn sie die CO2-Steuer bezahlen müssten. Der Betroffene wird trotzdem fahren, mit dem Unterschied, dass er noch weniger Mittel für seine Familie hat. Ich halte es einfach für eine nicht-zielführende, unfaire und unsoziale Maßnahme.

Themenwechsel: Du bist ja der JVP Bundesobmann. Wie lassen sich die beiden Positionen vereinbaren? Quasi hier als Landesrat und dort als Bundesobmann?

Es lässt sich ganz gut vereinbaren, weil viele der Themen, die mich im/am Land beschäftigen, sehr junge Themen sind – Stichwort Mobilität. Das war immer schon ein Thema, dass uns als Junge ÖVP beschäftigt hat: Von einem Nachtbus in Vorarlberg bis hin zur U-Bahn, die am Wochenende 24 Stunden durchfährt. Das waren die Initiativen und Forderungen der Jungen ÖVP und dementsprechend beschäftigt mich das auch im Land. Wie bereits gesagt ist es eher ein Vorteil, wenn man – wie in meinem Fall – in Wien eine Funktion hat, um dieses Netzwerk zu nutzen, weil wir natürlich dort recht stark an die Bundespolitik gekoppelt sind. Da ist sicher die Junge ÖVP hilfreich.

Durch den Aufstieg von Sebastian Kurz hat die JVP ja auch innerhalb der ÖVP die Position stärken können. Wie ist es deiner Meinung nach mit dem Nachwuchs in der JVP bestellt und vor allem welche Themen sind für die JVP vordergründig?

Natürlich erleben wir in den verschiedenen Bundesländern, dass junge Menschen vermehrt Mandate und Verantwortung übernommen haben. Man sieht das in Salzburg bei Martina Jöbstl. Wir haben im Nationalrat bereits acht Abgeordnete von der JVP und es werden auch nach der Wahl acht bleiben – fünf weibliche und drei männliche. Thematisch liegt uns natürlich auch der Umweltschutz am Herzen, etwa über die Maßnahmen im Öffentlichen Verkehr. Da haben wir den größten Aufholbedarf. Aber auch bis hin zu Themen, die mehr direkte Demokratie im Wahlsystem betreffen. Wir haben uns beispielsweise immer für ein Vorzugsstimmensystem stark gemacht und hatten es nun zum ersten Mal auch zur Gänze im Einsatz. Bei der EU-Wahl ist beispielsweise eine Vorzugsstimme ein Punkt gewesen und die Person mit den meisten Punkten sind dann in das Europaparlament eingezogen. Unsere Salzburgerin Karo Edtstadler hatte die meisten Vorzugsstimmen und so soll es auch sein, dass die Menschen und nicht irgendwelche Parteifunktionäre im Hintergrund entscheiden, welche Personen in Gremien einziehen.

Es gibt seit Jahren die Diskussion über die Politikverdrossenheit der Jugend. Glaubst du, dass es diese Politikverdrossenheit der Jugend gibt und wenn ja, wie kann man dem entgegensteuern?

Also ich glaube nicht, dass es die Politikverdrossenheit gibt. Im Gegenteil, ich sehe eher junge Menschen, die sich mehr politisch engagieren denn je. Was ich aber trotzdem für problematisch empfinde, ist, dass wir immer noch sehr viele Menschen haben, die sich über Politik äußern, über Politik berichten, aber wir haben zu wenige Menschen, die selber Politik machen. Am Ende muss jemand Politik machen. Es muss sich jemand hinstellen und sich wählen lassen. Das funktioniert bei uns ja über Parteien und solange sich Menschen – vor allem junge Menschen – auch nicht in Parteien engagieren, wird der politische Betrieb nicht besser, jünger und frischer werden. Da müssen wir natürlich auch dagegenhalten. Wir können ja nicht nur Menschen haben, die gern über Politik berichten –  was natürlich genauso wichtig ist – aber am Ende brauchen wir tatsächlich Leute, die Politik machen, die Ämter bekleiden und Verantwortung übernehmen.

Wenn wir in Salzburg schauen, haben wir eine Landesregierung zwischen ÖVP, Grüne und Neos. Eine Art der Koalition, die auf Bundesebene derzeit immer wieder ins Gespräch kommt. Unabhängig vom Rechnerischen, könntest du dir so eine Koalition auf der Bundesebene vorstellen? 

Ich glaube schon, dass es eine Option ist. Dennoch glaube ich auch, dass es auf Bundesebene schwieriger ist, so eine Koalition zu führen als auf der Landesebene. Jeder, der die Dynamiken auf der Bundesebene kennt, weiß, wie schwierig eine Koalitionsregierung an sich ist. Wenn es dann statt zwei Partnern drei gibt, wird es noch viel schwieriger. Das muss man natürlich immer berücksichtigen, obwohl ich auch dazu sagen muss, dass es in Salzburg ausgezeichnet funktioniert. Sehr pragmatisch, wir sind uns in den großen Themenfeldern Wohnen und Verkehr weitgehend einig – deswegen passiert auch vieles in diesen Bereichen. Und ich denke schon, dass das Salzburger Modell eines für den Bund sein könnte, aber man sollte von vornherein nichts ausschließen. Die ÖVP koaliert in verschiedensten Bundesländern mit den verschiedensten Partnern. In der Steiermark mit der SPÖ, auf Bundesebene haben wir mit den Blauen koaliert. Die Blauen koalieren mit den Roten im Burgenland. Es gibt in ganz Österreich die verschiedensten Koalitionsvarianten und das ist auch gut so.

Gibt es in diesem Kontext einen Unterschied zwischen der Landes- und Bundesebene? Auf der Bundesebene werden Koalitions-möglichkeiten mit der ÖVP seitens der Grünen skeptisch betrachtet. Woran liegt das?

Am Wahlkampf. Also ich glaube, dass jetzt einfach im Wahlkampf die Botschaften sehr pointiert gewählt werden, und der eine oder andere wahrscheinlich aus Kalkül irgendeine Koalitionsvariante ablehnt oder sie anstrebt. Das ordne ich alles eher ins Reich des Kalküls ein.

durchgeführt von: Konstantin Ghazaryan und Alexander Speierle-Vidali

Wir bedanken uns bei Stefan Schnöll für das Gespräch.

Alexander Speierle-Vidali
Als Political Science MA-Student mit praktischer Political Campaigning Erfahrung spezialisiert sich Alexander auf die Analyse von österreichischer & internationaler Politik sowie Wahlstrategien. Außerdem wirkt er federführend an den Gesprächen mit.

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