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S.E. Herr Pécout, Sie sind seit 2020 französischer Botschafter in Wien. Wie konnten Sie sich hier, insbesondere in Zeiten der Pandemie, einleben?

Vielen Dank für diese Frage. Ich bin seit Mitte September hier und das ist meine erste diplomatische Tätigkeit. Also ein neuer Beruf in einem neuen Land. Ich bin das erste Mal beruflich in Österreich und spreche nur ein wenig Deutsch. Ich kannte Österreich schon, da ich mit einer Professorin für deutsche Literatur und Kultur verheiratet bin. Wahrscheinlich sollte ich also mein Deutsch schnell verbessern.

Ich kannte Österreich aber schon etwas, weil wir dank meiner akademischen Beziehungen viele Male in Wien waren. Aber jetzt geht es darum, als Botschafter in Kontakt mit diesem Land zu sein.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Frankreich waren schon vor meiner Ankunft gut. Ich verfolge zwei Ambitionen, zwei Ziele: Das erste ist, sicherzustellen, dass wir gemeinsam über Europa sprechen; dass unsere bilateralen Beziehungen ein Mittel sind, um Europa gemeinsam aufzubauen. Es scheint trivial zu sein, das zu sagen, aber es gab einige Unstimmigkeiten bezüglich des Konjunkturprogramms [Anm.: Das als „NextGenerationEU“ titulierte Konjunkturprogramm ist mit insgesamt 1.8Billionen Euro das größte aller Zeiten], die wir auf bilaterale Weise lösen mussten. Außerdem bereiten wir uns auf die künftige französische EU-Ratspräsidentschaft 2022 [Anm.: Frankreich übernimmt die EU Ratspräsidentschaft vom 01.01.2022 bis 30.06.2022] vor. Das zweite Ziel für mich als Botschafter mit wissenschaftlichem Hintergrund ist, unsere akademischen, kulturellen, pädagogischen und wissenschaftlichen Beziehungen ausbauen.

Wie habe ich mich auf die Covid-Situation eingestellt? Leicht zu beantworten, ich war krank. Jetzt nehme ich es mit Humor, aber ich hatte sehr schwere Symptome. Von Ende Oktober bis Ende November war ich im Wiener AKH. Die medizinische Versorgung war äußerst professionell, effizient und human, ich wurde sehr gut behandelt. Jetzt habe ich die Verantwortung, über die Bewältigung der Krise nachzudenken – insbesondere über die Rolle der Jugend. Wie Sie sicherlich wissen, gibt es zurzeit in Frankreich große Unzufriedenheit unter den jungen Leuten im akademischen Bereich, weil wir gerade keinen Präsenzunterricht haben. Wir sprechen immer von Mobilität für junge Menschen, aber jetzt ist diese unmöglich, und es bleibt einzig die digitale Mobilität. Hier müssen wir einen Weg nach vorne finden.

Eingangs erwähnten Sie, dass die Botschaft ein historisches Gebäude ist, das zu Zeiten der Doppelmonarchie gebaut wurde. Wie sind die bilateralen Beziehungen heute?

Die bilateralen Beziehungen werden immer stärker. Warum? Weil wir gemeinsame Interessen in Europa verfolgen und weil wir etwa nach den Anschlägen im letzten Herbst reagieren mussten. Ich sage nicht, dass unsere Beziehung sich nur über dramatische Ereignisse definieren, sondern ich meine damit, dass diese Ereignisse stark einwirkten auf die gemeinsamen Interessen. Die Beziehung hat auch im europäischen Kontext eine wichtige Bedeutung, zum Beispiel über unseren europäischen Green New Deal – hier teilen wir viele der Ziele.

Wir wissen also, dass es gemeinsame Feinde unserer gemeinsamen Werte gibt. Die Frage ist: Welche sind unsere gemeinsamen Werte?

Unsere Werte stehen im großen Kontext des europäischen Aufbaus und sind alle miteinander verbunden; nicht durch eine bestimmte Religion, sondern durch die Freiheit der Sprache und Meinung daran zu glauben, woran wir glauben wollen. Europa ist nicht als  Festung konzipiert und gestaltet worden. Nicht als etwas Geschlossenes. Europa ist vielfältig. Diese Vielfalt muss in einer engen Beziehung zu unseren gemeinsamen Werten stehen.

Europa ist nicht als  Festung konzipiert und gestaltet worden. Nicht als etwas Geschlossenes. Europa ist vielfältig. Diese Vielfalt muss in einer engen Beziehung zu unseren gemeinsamen Werten stehen.

Es gibt ein französisch-österreichisches Programm auf höchster Regierungsebene im Kampf gegen Radikalismus und Terrorismus, das unsere enge Zusammenarbeit bekräftigt. Am 10. November hat der Bundeskanzler den französischen Präsidenten Macron besucht, und davor stattete der französische Staatssekretär für EU Angelegenheiten der österreichischen Ministerin Edtstadler einen Besuch ab. Das zeigt, wie sehr wir die Beziehungen auf der Basis der gemeinsamen Werte stärken. Auf diese Weise findet unsere gemeinsame Aktion auf europäischer Ebene zu einem Ganzen. Aber natürlich gehen die gemeinsamen, europäischen Aktionen weit darüber hinaus. Mein Fahrplan als Botschafter ist abgestimmt mit dem Fahrplan der nächsten französischen EU-Präsidentschaft: zum Beispiel der Green New Deal, die digitale Transition, die Mobilität der Jugend, sowie die universitären und kulturellen Ziele, die auf den gemeinsamen Kulturwerten beruhen, aber auch die stärkere Präsenz der französischen Sprache, und die Mehrsprachigkeit.

Außerdem ist unsere bilaterale Beziehung eine Beziehung, die auf Geschichte basiert. Ich sage damit nicht, dass die Vergangenheit wichtiger ist, aber ich möchte Sie daran erinnern, dass wir nicht bei null anfangen. Wir beginnen mit einem Erbe, mit der Notwendigkeit, von unserer gemeinsamen kulturellen und buchstäblichen Vergangenheit zu profitieren.

In einer Europäischen Union mit 27 Mitgliedsstaaten gibt es in der Regel 27 verschiedene Interessen, aber auch Interessensblöcke. Eines der gemeinsamen Themen zwischen Frankreich und Österreich ist das sicherheitspolitische Thema bezüglich Radikalismus und Terrorismus. Wir haben bereits über die französisch-österreichischen Beziehungen auf diesem Gebiet gesprochen, aber wie könnte man sie auf europäischer Ebene vertiefen?

Wie Sie erwähnt haben, gibt es bilaterale und europäische Beziehungen. Österreich ist ein Land mit großer regionaler Bedeutung, und für Frankreich ist es wichtig, mit einem Land verbunden zu sein, das im Zentrum eines Systems an Information und Beziehungen mit dem Austerlitz-Format [Anm.: Damit wird eine lose Kooperation zwischen Tschechien, der Slowakei und Österreich bezeichnet], mit den Visegrad-Staaten und dem Balkan steht. Wir bauen mit den bilateralen Beziehungen eine europäische Dimension auf, die durch die regionale Bedeutung gestärkt wird.

Zum Beispiel Terrorismus: Wir brauchen die österreichische Kompetenz in Fragen der  Balkanländer. Nicht, weil der Balkan nur als Durchgangsgebiet für den Terrorismus gesehen würde, sondern weil wir wissen, dass es einen spezifischen Terrorismus gibt, der mit dem Balkan verbunden ist. Umgekehrt braucht Österreich zur Terrorismusbekämpfung die Kompetenz Frankreichs über den Radikalismus und Terrorismus gewisser Regionen in der Welt. Und für die französische Sichtweise brauchen wir die österreichische Expertise. Diese Art der Argumentation ist auch für andere Aspekte wichtig, zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen. Österreich ist eine wirtschaftliche Drehscheibe für den Balkan.

Auch ein anderes Thema liegt mir auf dem Herzen: Als Botschafter und Akademiker sehe ich, dass es in Österreich weniger als 600 französische StudentInnen gibt, und ich frage mich, warum? In Frankreich ist es dasselbe, es gibt nur etwa 700 ÖsterreicherInnen, die hier studieren. Das ist nicht normal. Österreich hat einige der besten Universitäten in Europa, warum sind diese dann weniger attraktiv? Weil die Franzosen, wenn sie an germanophone Universitäten denken, an Deutschland und nicht an Österreich denken. Daher müssen wir in der Lage sein, die jungen StudentInnen davon zu überzeugen, dass es in Österreich wie in Deutschland all das Know-how und die Kultur gibt; und darüber hinaus die Möglichkeit, mit all den anderen Ländern in Kontakt zu treten, die historische Beziehungen zu Österreich haben.

Ich war überrascht, als ich erfuhr, dass französische Business Schools in Österreich nicht vertreten sind, obwohl Frankreich so intensive wirtschaftliche Beziehungen zu Österreich pflegt. Auch die Wirtschaftsfakultäten der österreichischen Universitäten sind aktiv und dynamisch. Warum ist das so? Weil unsere französischen Business Schools, wenn sie an das deutschsprachige Europa denken, an Deutschland oder die Schweiz denken. Daher werde ich versuchen, einige Direktoren der Business Schools zu überzeugen, Österreich als Zentrum der Beziehungen beispielsweise mit dem Balkan zu berücksichtigen.

Wir möchten auch gerne über Außenpolitik sprechen. Ein weiteres gemeinsames Thema zwischen Frankreich und Österreich ist die Position gegenüber der Türkei. Ein paar Länder, nämlich die Niederlande, Frankreich, Griechenland, Zypern und Österreich gehören zu jenen, die eine harte Linie gegenüber Präsident Erdogan vertreten.

Es gab häufiger Rufe nach Sanktionen wegen des türkischen Einflusses zum Beispiel im Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland und Zypern, aber auch zwischen Armenien und Aserbaidschan, wo Frankreich eine sehr aktive Rolle spielt. Erstens: Muss die EU generell eine harte Position einnehmen, und zweitens: Wie realistisch ist eine einheitliche Position in der Europäischen Union?

Ich könnte als Historiker oder als Bürger antworten, aber ich bin jetzt Diplomat. Was ist hier die Frage? Die erste lautet: Könnte Europa als formale politische Union eine einheitliche Position zu einem anderen Land wie etwa der Türkei einnehmen? Wie Sie wissen, war die Türkei ein Beitrittskandidat. Meine Antwort ist, dass jedes Land seine bilateralen wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen zu einem anderen Land haben kann, sofern die gemeinsamen europäischen Werte nicht gefährdet werden. Das ist nicht nur eine diplomatische Antwort, sondern soll auch unterstreichen, dass die Europäische Union eine Zuständigkeit für europäische Themen und gemeinsame europäische Werte hat.

Aber wenn wir schon über bilaterale Beziehungen sprechen, so sollten wir vielleicht über die wichtige Rolle des afrikanischen Kontinents bei den bilateralen Beziehungen sprechen. Wir planen zum Beispiel eine Konferenz in Wien über die europäischen Beziehungen mit Afrika vom französischen und vom österreichischen Gesichtspunkt aus. Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg hat neulich Äthiopien einen Besuch abgestattet und unser Außenminister, Herr Jean-Yves Le Drian, pflegt natürlich ebenfalls enge Beziehungen zu Afrika. Außerdem gibt es in Cote d’Ivoire (Elfenbeinküste) ein großes Zentrum für Terrorismusbekämpfung, das mittlerweile als internationales und nicht nur als bilaterales Zentrum konzipiert ist. Es gibt also wirklich ein großes Interesse an Afrika, das nicht nur ein historisches, sondern auch ein wirtschaftliches und geopolitisches Interesse ist. Natürlich hat Frankreich historische Beziehungen zu Afrika, aber hier geht es um die europäischen Möglichkeiten und Europa sollte gemeinsame Positionen einnehmen (so ist es ganz klar, dass die Corona Schutzimpfung als „gemeinsames Gut“ zu sehen ist und auch als solches, wie von Präsident Macron unterstrichen, behandelt wird).

Zur Vorbereitung der französischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Semester 2022 werden wir nach dem Frühjahr ein Forum mit Konferenzen einrichten; es soll ein Austausch  darüber sein, wie Frankreich und Österreich europäische, aber auch internationale Probleme angehen können. Einige Themen haben mit Afrika zu tun, einige mit der Jugend, mit StudentInnen und mit Europe of Knowledge. Bezüglich des Green New Deal möchte ich ein ganz konkretes gemeinsames Projekt erwähnen: zum Beispiel wird Ende 2021 die Einweihung des Nachtzuges zwischen Wien und Paris stattfinden. Es ist sehr wichtig, einen wiederinstallierten Nachtzug zu haben, da er in Punkto Kampf gegen den Klimawandel und gemeinsames Konjunkturprogramm einen wichtigen Schritt darstellt.

Herr Botschafter, was die europäische Vision oder die französische Vision der Europäischen Union betrifft, so gilt Frankreich als eines der aktivsten Länder auf dem Gebiet der Sicherheits- und Militärpolitik. Erstens, erwartet sich Frankreich mehr Aktivität von anderen europäischen Ländern, und zweitens, in welcher Rolle sieht sich Frankreich in der EU?

Ich weiß nicht, ob wir von mehr Aktivität sprechen müssen, aber wir erwarten ein gleiches Interesse und Engagement. In welchen Bereichen? Zum Beispiel im Bereich der Bekämpfung des Cyber-Terrorismus mit dem Projekt der europäischen Regelung, das von der französischen und auch der österreichischen Regierung verteidigt wird. All das ist mit einer großen Zusammenarbeit im Bildungsbereich verbunden.

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, viele Mitglieder der österreichischen Bundesregierung zu treffen, und ich kann den Willen und den Wunsch nach einer starken Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern bestätigen, insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Bildung und dem Ausweg aus der Gesundheitskrise.

Wir möchten mit einer etwas persönlicheren Frage enden: Sie waren hauptsächlich im akademischen Bereich tätig, nämlich in Geschichte und Internationale Beziehungen. Was hat Sie dazu gebracht, in die Diplomatie zu gehen?

Ich bin Historiker und akademischer Beamter, aber als Direktor der Akademien und der Universitäten von Paris und als Experte für die Geschichte des Mittelmeerraums wurde ich von unserem Präsidenten gebeten, einer der drei Verfasser eines französisch-italienischen Vertrages zu sein – dem Vertrag des Quirinals, der kurz vor der Unterzeichnung steht. Diese Arbeit hat mich sehr interessiert und am Ende meines Mandats als Rektor – der Rektor von Paris hat traditionell eine diplomatische Rolle mit der Verpflichtung, internationale Persönlichkeiten zu empfangen – bekam ich von Präsident Macron den Vorschlag, das zu tun, was ich zuerst studiert habe: Diplomatie. Ich fühlte mich sehr geehrt und sagte sofort zu.

Anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März haben wir den Botschafter gebeten, zu mehreren Fragen schriftlich Stellung zu nehmen:

Herr Botschafter, der diesjährige Internationale Frauentag am 08. März steht unter dem Motto „Frauen in Führungspositionen: Für eine gleichberechtigte Zukunft in einer Welt mit Covid-19“. Wie kann die Politik unserer beiden Länder dazu beitragen, dass diesem Ziel auch Taten folgen?

Ich danke für diese wichtige Frage, die uns zu einer historischen Betrachtung führt; bevor die Frauen in unserer Gesellschaft eine Form von Leadership beanspruchen konnten, mussten sie erst einen schwierigen Weg zurücklegen, bis sie mit den Männern in den grundlegendsten Fragen Punkto Recht, Wirtschaft und gesellschaftliche Ordnung gleichziehen konnten. „Seine Zeit prägen“ als Frau, „über die Geschichte …n hinweg“ um mit der großen Historikerin Michelle Perrot, der Pionierin des Feminismus; zu sprechen, die bestrebt war dem „Schweigen der Geschichte der Frauen“ ein Ende zu setzten, denn das will heißen, erst dafür zu kämpfen, dass im öffentlichen Raum Talente und Kompetenzen anerkannt werden, und es durch die erlangte Bekanntheit geschafft haben, sich durchzusetzen, um anschließend aus der Prominenz dieser Vorreiterinnen Tatsachen zu schaffen, welche die Welt der Frauen verbessern, sowie darüber hinaus, einen Wegweiser für die fortschrittliche Entwicklung der Gesellschaft.

Jetzt gilt es, eine weitere Ebene zu erreichen; die ersten Schritte wurden in unseren beiden Ländern bereits getan, aber es reicht noch nicht aus: dieser Schritt führt zur gleichwertigen Einrichtung von Führungspositionen. Drei wesentliche Hebel können in unseren beiden demokratischen Ländern angesetzt werden: Die Erziehung, die gegen Stereotypen vorgeht und die soziale und berufliche Mobilität ermöglicht; das Gesetz, das noch besser bekannt gemacht werden, und unter Strafe durchgesetzt werden muss; die differenzierte Aktion – um nicht zu sagen die positive Diskriminierung – quasi als Übergangslösung um die alteingesessenen Ungleichheiten auszubalancieren. All das muss auf höchster Ebene in unsere Gesellschaftspolitik einfließen. Frankreich und Österreich tragen dazu durch das Wirken ihrer beider Ministerien und durch die Tätigkeiten von herausragenden Persönlichkeiten im internationalen Feld bei. Dazu gehören in Österreich Désirée Schweitzer, Vorsitzende von UN Women Austria, und in Frankreich Delphine O, Botschafterin und Generalsekretärin der UN World Conference on Women.

Mehr als 200 Jahre nach der Frauenrechtlerin Olympe de Gouges wurde in Frankreich zur Jahrtausendwende ein Gesetz installiert, dass den „den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu den Wahlmandaten und auf Wahl beruhenden Ämtern sowie zu den Führungspositionen im beruflichen und sozialen Bereich“ fördern soll. Ein solches Paritätsgesetz gibt es in Österreich zwar nicht, dennoch ist der Frauenanteil im Parlament mit knapp 40% in beiden Ländern annähernd gleich. Erstens, wie ist dieses Gesetz einzuordnen und zweitens, ab wann kann man davon sprechen, dass Gleichstellung erreicht ist?

Was Olympe de Gouges forderte, war die Gleichstellung der Rechte von Frauen und Männern und somit die Möglichkeit, dass diese ihr „natürliches Recht“ geltend machen können, welches von den Männern konfisziert war – und eine erwachsene Rolle im Leben der Gemeinschaft leben können.

Die Konsequenzen daraus erscheinen klar und divers gleichzeitig: Meinungsfreiheit und sexuelle Freiheit für die Frauen – insbesondere die Anerkennung der Scheidung – bei gleichzeitiger Teilnahme am politischen Leben durch das allgemeine Wahlrecht, um so die politische Revolution vollständig abzuschließen.

Ihr Feminismus ist ein Rechtsfeminismus. Wie schon erwähnt, benötigt der Rechtsfeminismus das Recht und manchmal hat dieses Recht zum Ziel, eine stagnierende Situation, oder eine Situation, die sich in die Länge zu ziehen droht, mit Entschlossenheit zu korrigieren. Man kann nicht sagen, dass die Gleichheit vollständig umgesetzt ist, aber man kann sagen, dass man sich bemüht hat, und wir auf dem richtigen Weg sind.

Auf der Website der Botschaft liest man, Frankreich wird im Juni 2021 das Forum Generation Equality ausrichten, dessen Ziel es ist, die Rechte der Frauen voranzubringen. Anlässlich dessen stellen Sie von Olympe de Gouges und Simone de Beauvoir bis hin zu Johanna Dohnal und Christine Nöstlinger eine Galerie an französisch-österreichischen Heldinnen vor. Unabhängig der großen Namen, wer ist Ihre persönliche Heldin?

Aus unseren schönen Galerie würde ich Irène Joliot wählen – Curie und Gabriele Possaner von Ehrental, zwei Wissenschaftlerinnen, die hart kämpfen mussten, um sich auf höchster Ebene einer akademischen, wissenschaftlichen und medizinischen, männerdominierenden Welt durchzusetzen. Ich setzte mich seit langem dafür ein, dass Frauen Zugang zur wissenschaftlichen Welt auf höchster Ebene erhalten: insbesondere in Gesellschaften, deren Mitglied ich bin, wie die Vereinigung „Jamais sans elles“ (Nie ohne sie), oder „Men for women in science“ der L’Oréal Foundation, der ich bereits als Akademiker und Rektor, und der ich noch jetzt, als Botschafter, mit Stolz angehöre.

Wir bedanken uns bei Botschafter Pécout für das Gespräch.

Alexander Speierle-Vidali
Als Political Science MA-Student mit praktischer Political Campaigning Erfahrung spezialisiert sich Alexander auf die Analyse von österreichischer & internationaler Politik sowie Wahlstrategien. Außerdem wirkt er federführend an den Gesprächen mit.

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